Die Honigbiene ist Sympathieträger für Insekten- und Artenschutz. Aber es geht nicht nur um sie, sondern auch um Hummeln und viele andere Insekten. Gleichzeitig wollen die Menschen preisgünstige Nahrungsmittel. Bei deren Anbau sollen Pflanzenschutzmittel für bestmögliche Ernteerträge sorgen. Manche Naturfreunde sehen in der Landwirtschaft einen Sündenbock fürs Artensterben, während Landwirte wiederum einige Naturschützer als realitätsfern ansehen. Zu einem „Streit um Pflanzenschutz“ hatte daher der frühere SPD-Landtagsabgeordnete Friedrich Schepsmeier zum „3. Konvent am Bienenstand“ nach Rahden eingeladen. Dabei diskutierten Experten ihres jeweiligen Faches über Zusammenhänge – wodurch auch Vorurteile erkennbar wurden.
Schnell war klar: Pflanzenschutz und Artenschutz sind ein komplexer Themenbereich. Miteinander zu reden und gemeinsam Lösungen zu finden, ist jedenfalls eher angebracht als sich gegenseitig Vorwürfe zu machen. Entsprechend sachlich verlief die von Werner Weingarz, Vorsitzdender des Kreisimkervereins Lübbecke, geleitete Diskussion, die auch für die Gästen des Konvents informativ war.
Wie von Karin Bohrer vom NABU Minden zu erfahren war, ist die Honigbiene die einzige, die große Völker bildet. „Die klassische Wildbiene ist dagegen ein Einzelgänger“. Sie leben überwiegend im Boden und nicht in „Insektenhotels“, wie vielerorts werbemäßig suggeriert wird. Von den rund 660 Arten in Deutschland ist die Hälfte gefährdet. Dabei wies Heinz Knefelkamp (Bienenfreunde Minden-Nordholz) darauf hin, dass ein Monitoring ergeben habe, dass auch in deutschen Wäldern wilde Honigbienen zu finden sind.
Dass alle Bienen auch für die Landwirtschaft wichtig sind, darauf wies Dr. Nadine Winkelmann von einem großen Spargelhof in Tonnenheide hin, der auch Beerenfrüchte anbaut. Daher ist Kreislandwirt Volker Schmale davon übverzeugt: „Landwirte müssen auch Naturschützer sein.“ Der heutige Pflanzenschutz ist seinen Worten zufolge nicht mehr mit früheren Verfahren zu vergleichen. Seit rund 20 Jahren werden Wirksamkeit und Auswirkungen kritischer hinterfragt. Heute werden zielgenauere Mittel mit einer moderneren Technik ausgebracht, um Kollateralschäden zu minimieren.
Henning Ehlers von der Landwirtschaftskammer in Lübbecke führte in die Vergangenheit zurück: Pflanzenschutz ist entstanden, um die Ernährung der Bevölkerung nicht zu gefährden. Von 700 Wirkstoffen aus den 1990er-Jahren sind nur noch 270 zugelassen. Und bald sollen es nur noch 150 sein. Wie Ehlers betonte, wird das allgemeine Insektensterben inzwischen nicht mehr nur mit dem Pflanzenschutz in Verbindung gebracht, sondern auch mit der Lichtverschmutzung.
Auch der von Gästen geäußerte Verdacht, in der Landwirtschaft würden viele Mittel ohne Not – also prohylaktisch – eingesetzt, wurde argumentativ entkräftet. Laut Dr. Winkelmann dürfen chemische und biologische Mittel erst ausgebracht werden, wenn ein Befall festgestellt wird, der zu dokumentieren ist. Ehlers wies zudem darauf hin, dass die Landwirte über Wetterdaten Infektionswahrscheinlichkeiten erkennen können. Eine gewisse „Gratwanderung“ bleibt seinen Worten nach allerdings.